Pointing-and-Calling: Was wir von dem japanischen U-Bahn System für den Führungsalltag mitnehmen können

  • von

Meistens sind es kleine Veränderungen oder sogar Banalitäten, die uns erfolgreicher, glaubwürdiger oder glücklicher machen. Wenn wir uns als Lernender begreifen, dann sind es immer wieder kleine Schritte, die uns täglich besser, kompetenter oder verantwortungsvoller werden lassen. So ist es auch mit Pointing-and-Calling. Eigentlich eine Kleinigkeit, doch in der Umsetzung ein starkes Moment für langfristig mehr Zeit und eine höhere Effektivität für Dich und Dein Team.

Was ist Pointing-and-Calling?

Das japanische U-Bahn System wird als eines der besten auf der ganzen Welt angesehen. Einer der Hauptgründe dafür ist, dass jeder Mitarbeiter einer klaren Kommunikationsstruktur bei seiner Arbeit folgt, wenn es darum geht zusammen zu arbeiten und beispielsweise das Ein- und Ausfahren der Züge zu koordinieren.

Wenn die Ampel vor der Bahnstation grün ist, zeigt der Bahnfahrer auf das Licht und sagt „Die Ampel ist grün“, dann zeigt er auf den Tacho und benennt die genaue Geschwindigkeit. Wenn er die Bahnstation mit seiner Bahn wieder verlässt, zeigt er auf die Übersicht der Abfahrzeiten, benennt die exakte Zeit sowie sein Vorhaben loszufahren. Andere Mitarbeiter agieren nach einem ähnlichen Konzept. Beispielsweise als Reaktion auf das Vorhaben wieder loszufahren mit „Alles frei“. Jede Handlung und jedes Vorhaben in dem Prozess, wird ins Bewusstsein gerufen und benannt.

Das sogenannte „Pointing-and-Calling“ ist ein Sicherheitssystem, um Fehler zu vermeiden. Es ist so  effektiv, dass Fehler von bis zu 85 % vermieden werden und in Tokio dadurch 1/3 weniger Unfälle passieren.

Pointing-and-Calling im Führungsalltag

Im Führungsalltag ergibt Pointing-and-Calling mehr als Sinn. In folgenden drei Bereichen können wir es gewinnbringend einsetzen:

1. Selbstreflexion/Selbstmanagement

Denk Dich mal in folgende Situation: Du hast mal wieder einen prall gefüllten Terminkalender, Deine Termine überschneiden sich und Du musst ganz genau abwägen, wieviel Zeit Du in welchem Meeting verbringst und Deine eigentliche Arbeit muss ja auch noch erledigt werden. Pointing-and-Calling kann dabei helfen Deine Termine und die Wichtigkeit dessen zu priorisieren. Indem Du z.B. täglich oder auch wöchentlich deine Termine im Kalender durchgehst und sie Dir bewusst vor Augen führst (Pointing). Meist vereinbaren wir Termine und Meetings, ohne groß darüber nachzudenken. Doch wenn wir sie nochmal genauer unter die Lupe nehmen und sie verbalisieren (Calling) merken wir ziemlich schnell, welche Priorität und welchen Nutzen der ausgemachte Termin für das weitere Vorgehen hat.

Ebenso kann Pointing-and-Calling auf Deine eigenen kleinen Verhaltensweisen angewendet werden, die Du tagtäglich durchführst. Dazu kannst Du Dir eine einfache Liste anlegen und alle Verhaltensweisen bei der Arbeit notieren (Pointing):

·      Kaffee geholt

·      Mit XY gesprochen

·      Team begrüßt

·      Auf Toilette gewesen

·      Auf dem Weg mit XY gesprochen

·      …

Im Nachgang gehst Du durch die Liste und bewertest mit + und – welche Dinge Dich wirklich nach vorne bringen und welche eher Zeitfresser sind (Calling). So kannst Du Verhaltensweisen bzw. auch zeitraubende Begegnungen in den nächsten Wochen reduzieren. 

2. Struktur für ein (Team-)meeting

Wenn wir davon ausgehen, dass Du mit Deinem Team wiederkehrende Meetings hast, ist eine Struktur unglaublich wertvoll, um den Rahmen zu spannen. Wie in Deiner Teamzusammenarbeit klare Verhaltensregeln als Rahmen sinnvoll sein können, ergeben klare Leitplanken in Teammeetings oder Besprechungen Sinn. Pointing-and-Calling hilft Dir dabei, eine Struktur zu Beginn zu etablieren oder im Verlauf des Meetings beizubehalten.

Wenn Du dem klassischen Ansatz der Moderation folgst: Sammeln – Verdichten – Gewichten – Bearbeiten, dann kann Pointing-and-Calling helfen, die Struktur immer präsent zu machen und so die Effektivität der Runde steigern.

Es hilft Dir in der Moderation, Ausreißer leichter wieder einzufangen oder bei z.B. Dailys in einem 15 minütigen Kurzaustausch, die Kommunikation so klar und transparent darzulegen, dass Missverständnisse und Interpretationsspielräume kaum möglich sind. Mache den Prozess bewusst und führe klar durch Pointing-and-Calling immer wieder zum Prozess zurück, wenn Inhalte zu sehr abweichen. Eine klare Kommunikation durch Step-by-Step Beschreibungen.

3. Delegation und Sinnvermittlung

Die Step-by-Step Beschreibung hilft Dir ebenfalls bei der Delegation und der Sinnvermittlung einer Aufgabe an Deine Mitarbeiter. Wenn wir im Allgemeinen unstrukturiert Aufgaben weitergeben und nicht klar delegieren, kommt es zu Missverständnissen, Unklarheiten und Fehlern.

Selbst wenn Du Dich auch gut vorbereitet hast, was Du delegieren willst, scheitern die meisten Delegationsvorhaben am Briefing. Denn in der Regel überträgst Du Aufgaben, weil Du selbst keine Zeit dafür hast. Für ein exaktes Briefing fehlt dann meist aber auch die Zeit. Ein rudimentäres Briefing zwischen Tür und Angel – mehr ist nicht drin.

Doch wenn Du eine Anweisung gibst, sei Dir immer bewusst: Entscheidend ist nicht, was Du gemeint hast, sondern was bei Deinem Mitarbeiter ankommt. Und dabei hilft Dir Pointing-and-Calling.

Wer macht was mit wem bis wann in welcher Qualität?

Zeige und benenne so exakt als möglich alle notwendigen und hilfreichen Informationen zum Projekt. Ob die Arbeitsanweisung in Deinem Sinne angekommen ist kannst Du durch Rückfragen sicherstellen.