In letzter Zeit habe ich einige Artikel gelesen und Informationen rund um zoom, skype und weitere Videokonferenzsoftwares gehört. Viele Unternehmen sind gezwungen virtuell zusammenzuarbeiten und auch kollaborative Tools wie Mural oder Miro tauchen immer wieder auf. Am Dienstag habe ich mit einer Führungskraft aus meinem engeren Kreis telefoniert und mir ist es plötzlich wie Schuppen von den Augen gefallen: asynchrone Kommunikation? – wieso wird darüber so wenig gesprochen?
Videokonferenzen, kollaborative Tools, gemeinsame Zusammenarbeit, im virtuellen Raum, das sind alles synchrone Kommunikationsmöglichkeiten. Das bedeutet, dass sich die Personen zeitgleich zusammen telefonieren und beim Sprechen einen direkten Response haben, also Mimik und Gestik sehen können und die Antwort zeitgleich erfolgen kann.
Diese synchrone Kommunikation hat einen klaren Beginn (Eintritt in den virtuellen Meetingraum) und ein definiertes Ende (das Verlassen des Meetings). Doch die meiste Zeit in virtuellen Teams verbringen Mitarbeiter vor ihrem Rechner, an ihrer Arbeit und schicken sich, wenn überhaupt E-Mails und Nachrichten per Messenger hin und her.
Aus diesem Grund soll es in diesem Artikel um die asynchrone Kommunikation gehen und wie wir diese am besten in der Führung für uns nutzen.
4 Kriterien, an denen wir unsere synchrone und asynchrone Kommunikation ausrichten
Wie wir kommunizieren, liegt in unseren persönlichen Neigungen, den verfügbaren Ressourcen, im sozialen Gefüge und der Wichtigkeit des Themas. Während beispielsweise introvertiertere Personen eher schreiben als zum Hörer zu greifen, neigen extrovertiertere Personen eher zum Gegenteil. Demotivation oder Ärger veranlasst uns gelegentlich eher dazu eine kurze Nachricht zu schreiben, als in die synchrone Kommunikation zu treten. Der morgendliche Anruf beim Kollegen direkt nach dem Aufstehen wird eher verschoben oder in eine E-Mail verpackt, als direkt durchgeführt.
Um die virtuelle Kommunikation und das Zusammenspiel aus asynchroner und synchroner Kommunikation bestmöglich zu nutzen brauchen wir ein Bewusstsein über diese vier Bereiche.
1. Persönliche Neigung
Die persönlichen Neigungen lassen sich sehr stark runtergebrochen auf zwei Teile aufteilen:
- Persönlichkeitsmerkmale (stabile Dispositionen) und
- Verhaltenspräferenzen (veränderbare Dispositionen).
Persönlichkeitsmerkmale z. B. entlang den bekannten Big Five wie Extraversion, Emotionale Stabilität, Offenheit für Erfahrungen, Verträglichkeit oder Gewissenhaftigkeit liefern erste Aufschlüsse über unsere Verhaltenspräferenzen. So stellen Menschen mit einer großen Neugierde viele Fragen und am besten auch noch per Telefon, damit auf die Antworten nicht allzu lange gewartet werden muss. Menschen, die eher persönliche Konflikte vermeiden, tippen in solchen Situationen wahrscheinlicher eine Nachricht, um keinen direkten Response zu bekommen oder sich Zeit zu verschaffen, wenn sie eine Nachricht bekommen, diese zuerst zu verarbeiten und die nächste Antwort 1A vorzubereiten.
So gibt es viele Beispiele und Gründe, die allein in unserer Persönlichkeitsstruktur liegen können. Doch durch unsere Entwicklung im Leben lernen wir viel dazu und haben durch die Fähigkeiten zu denken und zu reflektieren eine Schaltzentrale, die bewusst Verhaltenspräferenzen erkennen und nach Bedarf Verhaltenspräferenzen durchbrechen kann. So können wir uns entscheiden, trotz großer Neugierde, uns zurückzuhalten, weil wir gelernt haben, dass andere Aufgaben aktuell wichtiger sind und wir uns deshalb eher zurückhalten sollten.
Reflexion zur persönlichen Neigung:
- Aus welchen Gründen und wann schreibe ich lieber Textnachrichten/Sprachnachrichten?
- Wann greife ich lieber zum Hörer oder vereinbare eine Videokonferenz aus?
- Welche Verhaltenspräferenzen sind für meinen Erfolg in der Kommunikation fördernd oder auch hindernd?
- Was kann das mit meinen stabilen Persönlichkeitsmerkmalen zu tun haben?
| Du willst mehr über Deine Persönlichkeitsstruktur kennenlernen? – Wir bieten Persönlichkeitstests inkl. Auswertungs- und Coachinggesprächen an. Informiere Dich gerne unter Leistungen oder schreib uns gerne direkt eine Nachricht |
2.Verfügbare Ressourcen
Die persönlichen Neigungen geben erste Hinweise und bilden die Basis unseres Handelns. Zudem werden unsere Verhaltensweisen durch unsere Umgebung geprägt. D.h. wenn wir Zeit haben ein Telefonat zu führen, dann greifen wir eher zum Hörer, als wenn wir vermeintlich keine Zeitspanne für das entsprechende Thema haben. Die Ressource Zeit spielt oftmals eine große Rolle, wenn es darum geht synchron oder asynchron zu kommunizieren. Machen wir uns nichts vor: Oftmals glauben wir, dass wir keine Zeit haben für lange Texte oder viele Telefonate und geschafft bekommen wir dann sowieso nichts mehr. Doch über die Ressource „Zeit“ haben wir in Wahrheit mehr Einfluss als wir es uns vorstellen können.
Weitere Rahmenbedingungen sind materieller Natur: Wir sind auf Geschäftsreise im Hotel und haben nur das nötigste Equipment mit dabei. Die Lage des Hotels ist am Rande der Zivilisation und Empfang sowie WLAN ist eine brüchige Angelegenheit. Oder wir haben nur ein Handy zur Hand und müssen einen etwas längeren Sachverhalt beschreiben, dann wird es mit dem Tippen eine echte Geduldsaufgabe. Zum Glück gibt es mittlerweile Sprachnachrichten und Transkriptionsmöglichkeiten. Doch auch da: Die meisten Apps sind noch fehlerhaft und die Kompatibilität mit den unternehmensinternen Gegebenheiten oft rudimentär ausgebaut.
(Sidefakt: in Asien hatten wir auf unseren Reisen wirklich in jeden noch so kleinen Dörfern funktionierendes WLAN und Empfang. In Deutschland wird es schon im Schwarzwald gelegentlich zur Herausforderung mit Freunden zu telefonieren).
Reflexion zu den verfügbaren Ressourcen:
- Wieviel Zeit benötige ich für welche Aufgaben?
- Habe ich ausreichende Pufferzeiten eingeplant für unvorhersehbare Ereignisse?
- Besitze ich notwendiges Equipment für meine asynchrone und synchrone Kommunikation?
| Du willst mehr über effektives Selbstmanagement lernen? – Selbstmanagement ist das halbe Leben. Unsere 4-Wochen Intensivtrainings helfen Dir nachhaltig neue Verhaltensweisen zu etablieren. Informiere Dich gerne unter Leistungen oder schreib uns gerne direkt eine Nachricht |
3.Soziales Gefüge
Darauf aufbauend spielt der Gegenüber eine große Rolle. Egal ob es die Kollegen, die Mitarbeiter, im Privaten die Freundin, der Ehemann oder die Familie ist. Die Beziehung zu den Menschen prägt maßgeblich unser Kommunikationsverhalten. Der Großteil von Konflikten und Missverständnissen zwischen Personen sind auf eine schlechte Kommunikation zurückzuführen, was auch mit der Beziehung einhergeht:
Haben wir zum Gegenüber ein eher angespanntes Verhältnis oder ist er z. B. als Vielredner bekannt, ist die Schwelle direkt zum Hörer zu greifen höher, als wenn wir mit einer Person in den Austausch gehen, mit denen wir uns gut verstehen und bei denen wir Punkt für Punkt unsere wichtigsten Inhalte besprechen können. So wie für uns unsere persönlichen Neigungen zählen, zählen diese auch für unseren Gegenüber. Als Führungskraft ist es ein wesentliches Momentum, die Kommunikation im Team, so auch mit jedem Einzelnen abzustimmen und bestmöglich zu individualisieren – egal, ob wir in einer guten Beziehung zu einander stehen oder die Beziehung eine gewinnbringende Arbeitsbeziehung ist, auf persönlicher Basis aber nicht matched.
Wenn wir asynchron kommunizieren, bleibt in der Regel ein großer Interpretationsspielraum für die geschriebenen Worte über. Interpretationsspielraum wollen wir in der Kommunikation so gut als möglich vermeiden! Klarheit in der synchronen Kommunikation ist schon eine Herausforderung. Sie im geschriebenen Wort zu finden erfordert wesentlich mehr Übung, da wir keine weiteren Anhaltspunkte für den Sinn und Hintergrund haben durch Klang der Stimme, Mimik oder Gestik.
Reflexion zum sozialen Gefüge:
- Wie gestaltet sich meine Beziehung zu meinem Gegenüber?
- Wieviel Hintergrundwissen und Sinnvermittlung benötigt mein Gegenüber für seine Klarheit?
- Wie klar ist meine eigene Botschaft (gesprochen/geschrieben) formuliert?
| Du willst mehr über effektive Kommunikation lernen? – Kommunikation ist der Schlüssel für Beziehung. Unsere 4-Wochen Intensivtrainings helfen Dir nachhaltig neue Verhaltensweisen zu etablieren. Informiere Dich gerne unter Leistungen oder schreib uns gerne direkt eine Nachricht |
4.Wichtigkeit und Dringlichkeit des Themas
Einen direkt Video-Call anzuberaumen kann entsprechend der Dringlichkeit oder der Wichtigkeit des Inhalts geschuldet sein. Doch auch ein virtuelles Teammeeting kann sehr viel Energie rauben, wenn es nicht gut moderiert ist oder die Inhalte schlicht und einfach nicht wichtig genug sind. Wir alle kennen die unzähligen Meetings, an denen wir besser niemals teilgenommen hätten, weil sie uns keinen Nutzen gebracht haben. Mit dem einfachen Hintergrund: Die Themen waren (zur jetzigen Zeit) nicht wichtig genug.
Die Faustregel heißt: Je wichtiger oder dringlicher ein Thema ist, desto eher sollte synchron kommuniziert werden. Denn asynchrone Kommunikation gibt dem Empfänger unausgesprochen die Legitimation, sich eine gewisse Zeit für die Antwort zu nehmen, anderenfalls hätte der Sender ja bereits andere Wege gefunden (z. B. einen Anruf) mit dem Empfänger Kontakt aufzunehmen.
Eine ziemlich Simple aber effektive Methode die Wichtigkeit und Dringlichkeit eines Themas zu bestimmen ist das Eisenhower-Prinzip, das Themen und Aufgaben nach Wichtigkeit und Dringlichkeit kategorisiert.
Reflexion zur Wichtigkeit und Dringlichkeit des Themas:
- Wie wichtig und wie dringend ist das Thema wirklich?
- Wieviel Hintergrundwissen und Sinnvermittlung benötigt mein Gegenüber für seine Klarheit?
- Wie klar ist meine eigene Botschaft (gesprochen/geschrieben) formuliert?
Fazit
Watzlawick hat bereits mit seinen Axiomen beschrieben, dass wir nicht nicht kommunizieren können und jegliche Art der Kommunikation schafft Wirkung. Die Wirkung baut auf den anderen vier Bereichen auf. Je wichtiger das Thema und je besser es zu unserem Zielvorhaben passt, sollte auch die Wirkung der Kommunikation größer sein, also eher synchron erfolgen. Doch auch durch z. B. Videobotschaften können große Wirkungsfelder durch asynchrone Kommunikation erreicht werden. Kurzum und final sollten wir uns die Frage stellen: Welche Wirkung möchte ich mit der asynchronen / synchronen Kommunikation erzeugen?
Dabei gibt es kein richtig oder falsch, sondern vielmehr eine individuelle Bewertung der vier Bereiche situationsbezogen. Und dafür brauchen wir Bewusstsein und Klarheit, die wir durch Training und Übung erreichen. Virtuelle Kommunikation und Zusammenarbeit wird in Zukunft immer relevanter werden. Über die Vor- und Nachteile synchroner- und asynchroner Kommunikation sowie Handlungsideen wird es zeitnah weitere Artikel geben. Also sei bereit!