Die Vermischung von synchroner und asynchroner Kommunikation ist heute kaum noch wegzudenken. Intuitiv nutzen wir beide Arten der Kommunikation, meist schon aus einem Bauchgefühl heraus. Doch was hat sich verändert? Wenn wir kurz innehalten, dann merken wir, dass der asynchrone Anteil einen immer größeren Stellenwert einnimmt und das seien wir ehrlich: mitunter aus Bequemlichkeit.
Während wir noch vor knapp 30 Jahren bei unseren Freunden zu Hause vorbeigegangen sind, um zu klingeln und zu fragen, ob sie Zeit haben, sind es vor 20 Jahren schon die Anrufe gewesen, die wir tätigen, um die Verfügbarkeit abzuklären. Immerhin ist das noch synchrone Kommunikation. Um dieses Beispiel plakativ fortzusetzen, haben wir vor etwa 10 Jahren dann eine Message geschrieben, ob unser Freund gleich mal Zeit hat zu telefonieren und heutzutage klären wir diese Frage ganz kurz und knapp mit einem: „Hast Du Zeit?“.
Doch auch größere Herausforderungen werden heutzutage über asynchrone Wege geklärt, Konflikte ausgetragen und Beziehungen beendet. Vorteilhaft ist das nicht immer. Es wird jedoch deutlich, dass der asynchrone Bereich sich immer mehr auf dem aufsteigenden Ast befindet. Folgend möchte ich einige Vor- und Nachteile aufzeigen. Zugleich sollten wir, bevor wir in die asynchrone Kommunikation einsteigen, immer ein Auge auf die 4 Bereiche aus Teil I (Persönliche Neigung, verfügbare Ressourcen, soziales Gefüge, Wichtigkeit und Dringlichkeit des Themas) haben, als auch auf die Wirkung, die wir durch unsere Kommunikation erzielen möchten.
Zügige Informationsweitergabe
Vorteil asynchron: Der wohl am naheliegendste Vorteil der asynchronen Kommunikation ist die Geschwindigkeit der Informationsweitergabe. Schnell mal eine App geschrieben, eine E-Mail versandt oder auf Social Media einen Inhalt geteilt. Das geht mittlerweile innerhalb von wenigen Minuten, wenn nicht sogar in Sekunden. Mit dem Blick auf Wichtigkeit und Dringlichkeit haben wir mit den asynchronen Kommunikationsmöglichkeiten jeder Zeit die Möglichkeit Mitarbeiter, Kollegen oder auch Kunden in Echtzeit über Neuigkeiten zu informieren, wenn wir sie z. B. nicht über das Telefon erreichen oder andere Termine anstehen.
Nachteil asynchron: Die ständige Erreichbarkeit wird bereits in anderen Artikeln in Bezug auf die Digitalisierung ausreichend dargelegt. Doch die geringe Barriere Informationen zügig zu teilen, also die Seite des „Senders“ zu betrachten, bleibt eher offen. Denn innerhalb von wenigen Sekunden ist entscheiden, dass wir Inhalte weiterleiten, ohne uns wirklich Gedanken darüber gemacht zu haben, ob Informationen wirklich wichtig oder „halt so ungefähr“ passen. Viele Menschen werden in aktuellen Zeiten schlicht und einfach zugemüllt mit E-Mails, unwichtigen, redundanten Nachrichten oder vermeintlich wichtigen Informationen.
Zudem haben wir keine Gewissheit, ob unsere asynchrone Nachricht jemals angekommen ist oder unser Empfänger sie wirklich gelesen oder zumindest überflogen hat.
Gedankenanstoß: Die Geschwindigkeit hat einige Vorteile für unsere Arbeit, Effektivität und Zusammenarbeit. Doch wenn wir Mitarbeiter, Kollegen oder Kunden zumüllen, dann beschneiden wir uns selbst in dieser Art der Kommunikation, weil unser Gegenüber nach und nach beginnt, nur noch die Nachrichten zu überfliegen und sie irgendwann ungelesen verschiebt. Die Wirkung, die wir dadurch erzielen: „Ah, der schickt mir einfach ALLES, was ungefähr passt.“ Wie wäre es hingegen mit: „Ah, wenn er mir was schickt, dann ist es ein MUSS es zu lesen.“ Deswegen: Nimm Dir 30 Sekunden (mehr braucht es wirklich nicht) und überlege Dir den wirklichen Mehrwert, den Du durch die schnelle Informationsweitergabe erwirkst.
Skalierung einer Nachricht:
Vorteil asynchron: Einmal dargelegt, kann ich die geschriebene E-Mail oder das aufgenommene Video vielfach versenden, um beispielsweise das gesamte Team mit dem komplexen Sachverhalt zu versorgen. Gerade bei Inhalten, die eine größere Menge betreffen sind Verteiler E-Mails vorteilhaft. Doch auch in der direkten Führung von Mitarbeitern im Homeoffice oder dezentralen Teams sind beispielsweise versendete Videobotschaften: persönlicher als eine einfache Nachricht, informativ und geben Sicherheit und Nähe. Überleg mal: gerade in der Coronazeit, wo sowieso wenig Kontakt herrscht. Nimm eine Videobotschaft für Deine Mitarbeiter auf. Das muss nicht professionell sein oder mit besonders gutem Equipment, die Handykamera reicht völlig aus. Geringer Aufwand, maximales Ergebnis. Deine Mitarbeiter freuen sich sicher, so eine Art der Informationsweitergabe zu erhalten oder zumindest Sprachnachrichten. Wir sollten die Ressourcen auch nutzen die wir haben.
Nachteil asynchron: Skalierte Nachrichten sind i.d.R. unpersönlich und schnell mal weitergeleitet. Wir treiben es auf die Spitze: unpersönliche Geburtstagswünsche für Deinen Mitarbeiter: Du hast bereits gestern Geburtstagsgrüße an einen Kollegen geschickt und die Glückwünsche passen im Groben auch auf Deinen Mitarbeiter. Effektiv, schnell – und wenn es rauskommt ziemlich Banane. Oder die wirklich persönlichen Ansprachen bei Neukontakten auf LinkedIn. Du verstehst was ich meine…
Gedankenanstoß: Hinterfrage skalierte Nachrichten kritisch. Sie bringen Dir meist einen zeitlichen Vorteil und können einen sinnvollen Nutzen haben. Doch bevor Du eine Nachricht mehrfach versendest, solltest Du zügig die Perspektive wechseln und aus Empfängersicht Deine Nachricht überprüfen. Zudem: sei kreativ und nutze Deine Ressourcen.
Erklärung komplexer Sachverhalte
Vorteil asynchron: Komplexe Sachverhalte sind, nachdem wir sie im eigenen Kopf schon mehrfach durchdacht haben, für uns immer klarer und bewusster als für andere. Gehen wir davon aus, dass unsere Mitarbeiter nicht den gleichen Wissensstand haben wie wir, dann geht es beispielsweise in einem synchronen Gespräch, um eine umfangreiche Sinnvermittlung, mit vielen Beispielen, Erklärungen und Rückfragen. In geschriebener Form haben wir bei komplexen Sachverhalten den Vorteil, alle wesentlichen Informationen zu erfassen und uns im Vorfeld Gedanken über den Inhalt zu machen sowie adressatenspezifisch anzupassen. Wir können den geschrieben Text gut vorbereiten, mehrfach durchlesen oder jemanden zum Gegenlesen zusenden. Ein gut ausgearbeiteter Text für einen komplexen Sachverhalt nimmt ggf. ein paar Minuten mehr in der Ausarbeitung in Anspruch, doch erleichtert uns wesentlich die Arbeit in der weiterführenden Zusammenarbeit. Doch auch in vorbereiteten Videobotschaften oder Erklärvideos am Rechner, haben wir die Möglichkeit mit Tools, wie z.B. „Loom“ unseren Desktop abzufilmen und via Voice-Over unsere Beschreibungen und Erklärungen zu ergänzen.
Gleichzeitig ergibt sich für unser Gegenüber ein wesentlicher Vorteil, sich mit der Materie, dem Sachverhalt und den Informationen auseinanderzusetzen, Wissenslücken zu schließen und explizit Wissen aufzuholen, falls Lücken vorhanden sind. Gleichzeitig ermöglicht es Inhalte zu ergänzen und in einer folgenden gemeinsamen Arbeit wesentlich tiefer einzusteigen.
Nachteil asynchron: In Schriftform können komplexe Sachverhalte ziemlich erschlagend sein. Zudem lassen sich komplexe Sachverhalte gerne nutzen, um ausufernd über Randthemen auszuholen. Die technischen Anforderungen und Kenntnisse für Erklärvideos sollten entsprechend vorhanden sein, sonst können auch diese Aspekte leicht nach Hinten losgehen. Komplexe Sachverhalte über asynchrone Kommunikation darzulegen ergibt zudem nur Sinn, wenn es bereits eine gemeinsame Grundlage gibt.
Gedankenanstoß: Die Mischung macht’s! Wer sagt, dass komplexe Sachverhalte immer nur per Text übermittelt werden müssen? – Uns steht der komplette Methodenkoffer zu Verfügung. Wir haben die Möglichkeiten Videobotschaften zu senden, Bilder und Grafiken in unserer Nachricht einzufügen oder einen Methodenmix daraus zu machen. Zudem sollte nach einer Darlegung von komplexen Sachverhalten immer eine synchrone Rücksprache erfolgen, ob alles verstanden wurde und Fragen offenbleiben. Und Bitte: nur wirklich wichtige Inhalte.
|wie wir die geschriebene asynchrone Kommunikation aufbereiten, wird im folgenden Teil III zur asynchronen Kommunikation thematisiert – zudem bieten wir Sparrings, Workshops und Coachings zur virtuellen Kommunikation an. Schreib uns bei Interesse gerne eine Nachricht. |
Zeitinvest für den Sender und Einräumen von Zeit für den Empfänger
Vorteil asynchron: Zeit für eine Entscheidung oder Antwort kann vor allem introvertierteren Personen oder aber auch Fachspezialisten bei komplexeren Fragestellungen Zeit einräumen, eine adäquate und durchdachte Antwort zu liefern. Wenn wir Mitarbeitern, Kollegen oder auch im privaten Umfeld Nachrichten oder E-Mails versenden, kommunizieren wir unbewusst mit: „Ich räume Dir eine gewisse Zeit ein, auf meine Nachricht zu antworten“.
Nachteil asynchron: Die Spanne der Antwortfrist (wenn keine bereits in der Nachricht übermittelt wurde) ist sehr dehnbar und persönlich abhängig. Zudem sollte hier auch erwähnt werden, dass die Erstellung von Nachrichten ja auch immer Zeit in Anspruch nimmt und der Nutzen immer in Relation zu dem getätigten Aufwand für die Erstellung stehen sollte. Da haben wir oftmals nicht so ein gutes Händchen für.
Gedankenanstoß: Fristen klar kommunizieren. Zudem sind zügige Klärungen von Sachverhalten asynchron möglich, wenn es sich um simple Angelegenheiten oder kurze Abfragen handelt oder genau das Gegenteil der Fall ist: komplexe Konstrukte, die dem Empfänger Zeit einräumen. Anderweitige Klärungen, die sich im „Mittelfeld“ bewegen, sollten kritisch hinterfragt werden: Zeitinvest vs. Outcome – anderweitig ist der Griff zum Hörer die passende Option.
Überprüfbarkeit und Verbindlichkeit
Vorteil asynchron: Durch geschriebene Nachrichten haben wir eine Überprüfbarkeit und Verbindlichkeit der geteilten Informationen. Gerade für Dokumentationszwecke und Klarheit im Verlauf macht es Sinn, asynchron zu kommunizieren oder zu dokumentieren. Wenn das Team z. B. über einen Anbieter wie Microsoft Teams miteinander arbeitet, können Diskussionsrunden im Nachgang von weiteren Kollegen nachgelesen oder zu einem späteren Zeitpunkt ergänzt werden. Zudem schafft es Verbindlichkeit, wenn Termine schriftlich vereinbart wurden und Überprüfbarkeit von z. B. einer Kundenabwicklung.
Nachteil asynchron: Papier ist geduldig. So ist es auch in der virtuellen Kommunikation. Alles was geschrieben und gesendet wird, ist irgendwo gespeichert. Mach Dir das bewusst. Spätestens der IT-Spezialist des Unternehmens oder die Serverzentrale hat Zugriff auf alle Informationen.
Tipp: Bevor Du etwas schreibst, gehe mit Dir selbst in Revision. Auch bei Videos, schau es Dir einfach nochmal an. Bei wichtigen Informationen oder Nachrichten hilft auch eine Nacht darüber zu schlafen und am nächsten Tag mit ein wenig Abstand das Geschriebene durchzugehen. Letztendlich stehen wir immer im Einfluss unserer aktuellen Gefühle und unseres Geisteszustandes. Sind wir z. B. müde, schlägt sich das auch in der Kommunikation nieder: synchron wie asynchron.
Die richtige Kommunikation in der richtigen Situation
Es wird deutlich, dass asynchrone Kommunikation einen wirklichen Mehrwert bringen kann, wenn wir sie richtig einsetzen. Nicht anders verhält es sich bei der synchronen Kommunikation: Bevor wir etwas kommunizieren, sollten wir uns Gedanken darüber machen, welche Wirkung wir erzielen möchten und welches Ergebnis daraus voraussichtlich resultiert. Das Gute ist: einmal entschieden, bedeutet nicht, dass wir es nie mehr rückgängig machen können.
Gedankenanstoß: Lege mit Deinem Team Kommunikationsregeln fest – Do’s & Don’ts synchron sowie asynchron und schon seid ihr näher beieinander trotz Distanz.
Gerade in der aktuellen Zeit, in der virtuelles Arbeiten immer mehr Fahrt aufnimmt, sollten wir uns langsam mit den Möglichkeiten, mit dem Nutzen und den Konsequenzen asynchroner Kommunikation auseinandersetzen. Als Faustformel gilt: Ist die Komplexität sehr hoch oder eher niedrig ist die asynchrone Kommunikation eine gute Wahl in Abwägung der 4 Bereiche aus Teil I. Nicht zu vergessen, dass die asynchrone Kommunikation auch Videobotschaften und Sprachmemos enthalten kann.
In Teil III der Reihe wird es um Tipps und Tricks rund um die schriftliche Kommunikation gehen. Also sei bereit!